Gladbecker Geiseldrama
https://de.wikipedia.org/wiki/Geiselnahme_von_Gladbeck#Kritik_an_Presse_und_Polizei
Durch ihre Liveberichte und -interviews boten die Medienvertreter den Tätern während der Begehung der Tat ein öffentliches Podium in bis dahin nicht gekannter Form. Dieses Verhalten der Presse rief in der Öffentlichkeit Empörung hervor.
Das Verhalten der Journalisten in Bremen wurde zum damaligen Zeitpunkt unterschiedlich bewertet. Aufgrund der chaotischen Situation gelang es Journalisten, die Freilassung von fünf Geiseln zu erreichen. Auch die Freilassung der beiden Bankangestellten auf der Raststätte Grundbergsee erreichten die Journalisten durch ein Gespräch mit Rösner. Zwei Reporter übernahmen auch den blutenden Emanuele an der Tür des Busses und zogen den schwerverletzten Jungen in den Gang der Raststätte. Vorher hielt einer der beiden Reporter den herabhängenden Kopf noch einmal „fotogerecht“ vor die Kameras.
Wegen des Fehlverhaltens der Journalisten während des Geiseldramas teilte der Deutsche Presserat am 7. September 1988 mit, dass Geiselnehmer während einer Geiselnahme nicht interviewt werden sollten und eigenmächtige Vermittlungsversuche nicht zu den Aufgaben von Journalisten gehörten. Der Pressekodex wurde entsprechend erweitert. In einem Bericht der Süddeutschen Zeitung 20 Jahre nach dem Gladbecker Geiseldrama erklärten einige der damals beteiligten Journalisten, sie bereuten ihr Verhalten, das zur Unterstützung der Verbrecher beigetragen habe.[51] Frank Plasberg erklärte im Rückblick, aus damaliger Sicht nichts falsch gemacht zu haben, heutzutage würde er aber anders handeln. Auch der Berliner Tagesspiegel analysierte in einem längeren Artikel am 16. August 2018 das Verhalten der Medien.[52]
„Das bizarre Fiasko, in dem die Einsatzkräfte während des unverschämten Katz-und-Maus-Spiels der Täter untergingen, wurde nur noch von der Sensationsgier der Reporter übertroffen. Während die Polizei im Blindflug agierte, waren die Medien umso näher dran. Direkt am Fluchtauto. Sie hatten ihre Bilder von blutüberströmten und mit der Pistole bedrohten Geiseln.“
– Paul Jandl[53]